Pressemitteilung Richtpreisverzeichnis: Bauunternehmer sind keine Spekulanten

Angesichts der derzeit laufenden Diskussion zur Angemessenheit des Richtpreisverzeichnisses, angestoßen insbesondere vom Bürgermeister der Gemeinde St. Lorenzen, Martin Ausserdorfer, ist das Präsidium des Baukollegiums um eine korrekte Darstellung der Situation bemüht. 

Eines muss bei der ganzen Diskussion vorweggenommen werden: es handelt sich um einen „Richtpreis“ – und somit nicht um einen Marktpreis. „Das Richtpreisverzeichnis der Provinz Bozen beinhaltet über 21.000 Positionen, welche versuchen, die Komplexität des Bauens von A-Z auf einer mittleren Baustelle in mittlerer Schwierigkeit abzubilden. Es macht einen Unterschied, ob 2.000 m³ Beton für einen Plattenguss in Bozen Süd oder 3 m³ Beton für eine kleinen Mauer in Prettau gebraucht werden. Es ist also durchaus möglich - und das gab es bereits vor den Preissteigerungen, dass Ausschreibungen auch mit größeren Abschlägen vergeben werden, genauso, wie manche Ausschreibungen nach wie vor leer ausgehen. In einem sehr volatilen und sich rasch verändernden Markt ist es nahezu unmöglich, einen exakten Preis abzubilden“, unterstreicht der Präsident des Baukollegiums, Michael Auer, der auch darauf verweist, dass nicht alle Preise zurückgegangen sind. Dafür mitverantwortlich ist nicht zuletzt der Green Deal der EU. 

„Es stimmt, der Stahlpreis ist gesunken. Eisenbinder, die man für die Verlegung der Betonstahlmatten braucht, sind auf der anderen Seite dafür kaum mehr zu finden, außer man bezahlt den doppelten Preis. Der Zementpreis hingegen steigt immer noch, Grund dafür ist die CO2-Steuer. Klimaneutralität ist richtig und notwendig, aber sie kostet, dessen müssen wir uns bewusst sein“, so das Präsidium. 

Dazu kommen die gestiegenen Löhne der Mitarbeiter:innen: „Wir wollen unsere Mitarbeiter:innen halten, ohne sie wird nichts gebaut. Deshalb gab es in den letzten Monaten aufgrund der hohen Inflation in Südtirol umfassende Lohnerhöhungen. Für unsere Unternehmen ist dies natürlich ein wesentlicher Kostenfaktor“, so das Präsidium. 

Zum anderen sind auch die Zinsen gestiegen, das Leasing für Baumaschinen hat sich von 3 auf 7 Prozent mehr als verdoppelt. „Die Unterstellung, dass wir Bauunternehmer von dem aktuellen Richtpreisverzeichnis profitieren und darauf spekulieren, stimmt so ganz einfach nicht“, betont das Präsidium, und merkt zudem an, dass das Richtpreisverzeichnis 2023, das Gegenstand der aktuellen Diskussion ist, aber auch alle vorherigen Preisverzeichnisse, auch von den Vertretern der Gemeinden einstimmig genehmigt wurde. 

Zudem hat es im April 2023 eine Aussprache mit dem Gemeindenverband bezüglich des, nach Ansicht der Bürgermeister zu hohem Preisverzeichnis, gegeben. In dieser wurde vereinbart, dass der Gemeindenverband und die Bürgermeister das Richtpreisverzeichnis analysieren und Rückmeldungen zu vermeintlich zu hohen Positionen geben, damit diese in Hinblick auf das aktuell zu erarbeitende Richtpreisverzeichnisses 2024 genauer analysiert werden können. 
Leider muss dazu festgestellt werden, dass das Baukollegium, trotz mehrfacher Nachfrage, keine Rückmeldung bekommen hat. 

„Was den vorliegenden Fall angeht, so müsste eine umfassende Analyse der Planungs- und Ausschreibungsunterlagen gemacht werden. Gerne stehen wir dafür zu Verfügung. Wir sind uns sicher, dass die Preisunterschiede nachvollziehbar erklärt werden können. Grundsätzlich ist es uns aber wichtig zu betonen, dass solche pauschalen Vorurteile und Polemiken niemanden etwas nutzen und uns in der Sache auch nicht weiterbringen,“ so das Präsidium abschließend. 

Einige konkrete Beispiele für die Preissteigerungen im Richtpreisverzeichnis:

Material                                                  RPV 2021             RPV 2023            Steigerung in %
Beton Festigkeitsklasse C 25/30        132,65 €/m³        186,87 €/m³                  40% 
gerippter Stahl B450C                           1,33 €/kg              2,33 €/kg                     75%

Im Falle des Betons muss festgehalten werden, dass die Steigerung vom RPV 2021 zum RPV 2023 40% betrug. Diese ist vor allem auf die steigenden Preise beim Zement zurückzuführen. Zeitgleich finden in diesem Fall auch die steigenden Kosten für Strom, Treibstoffe und Löhne ihren Niederschlag. 

Im Falle der sog. Eisen, den Betonstahlmatten, fand eine Erhöhung vom RPV 2021 zum RPV 2023 von 75% statt. 
Im Falle einer analytischen Betrachtung der Position kann folgendes festgestellt werden: 
Der Basispreis für Baurundstahl lag am 19.07.2022 bei 618,00 €/Tonne. Dazu kommen jedoch noch die Extras, die Verarbeitung, der Verschnitt, der Transport, die Materialbewegungen auf der Baustelle, die Kosten für Abstandhalter, der Bindedraht, die Vertragskosten, die CAR- und Postuma Versicherungen, die Garantien, die Allgemeinkosten und der Gewinn des Unternehmens. Am 20.06.2023 lag der Basispreis bei 411,00 €/Tonne. Dieser lag also 207,00 €/Tonne niederer im Vergleich zu 2022. Wird dieser Basispreis dann auf die der Position hinterlegten Preisanalyse des Richtpreisverzeichnisses umgemünzt, so würde der gerippte Stahl B450C jetzt bei 2,07 €/kg liegen anstatt bei den aktuellen 2,33 €/kg. 

Genau diesen Umständen wird in dem aktuell zu erarbeitenden Richtpreisverzeichnis 2024 auch Rechnung getragen. Es wird eine Erhebung der Preise durchgeführt, welche sich wiederum, aufbauend auf die erhobenen Preise, in einer Anpassung der Preise niederschlägt.